von A.Wedel » 27.01.2025, 14:43
Hallo!
Bei den letzten beiden Beiträgen sind offenbar einige Fragen aufgetaucht, die ich gerne beantworten möchte:
1. Bauliche Veränderung am Höhensensor
Veränderungen am Höhensensor (sogenannte Koppelstangen) würde ich auf keinen Fall vornehmen! Der gesetzliche Grund lautet wie folgt: Es erlischt sofort die Betriebserlaubnis (BE). Bei einer Kontrolle wird das Fahrzeug sofort stillgelegt. Nun wird es bei einer K16GT ausgesprochen unwahrscheinlich sein, daß jemand dort an dieser Stelle nach illegalem Tuning sucht. Die Sache wird dadurch aber nicht weniger gefährlich. Aus dem Bereich Auto: Dort ist das Versetzen der Koppelstange eine durchaus beliebte Billig-Tuningmaßnahme. Man kauft sich im Baumarkt eine Gewindestange, schneidet die sich entsprechend zurecht, und schon ist das Auto einige Millimeter tiefer. Was viele Autobesitzer nicht wissen: Je nach Fahrzustand reguliert das Fahrzeug die Höhe dann noch nach. Bedeutet: Wenn ab 130 km/h das Fahrzeug zum Beispiel noch etwas tiefergelegt wird, und dann kommt die böse Bodenwelle... was dann? Ein Dozent hat mal den folgenden Satz geprägt: "Denn sie wissen nicht, was sie tun! Ich wüßte gern, bei wievielen Unfällen manipulierte Koppelstangen im Spiel waren, wenn im Bericht später nur 'aus ungeklärten Gründen' oder 'wegen unangepaßter Geschwindigkeit' steht." Letztlich greift man hier in die Fahrwerksgeometrie ein, die von den Ingenieuren mit gutem Grund so und nicht anders konfiguriert worden ist.
2. Aushebeln durch den Sturzbügel
Wir alle wissen, daß ein sich auf einer Kreisbahn bewegender Körper einer Fliehkraft ausgesetzt ist. Damit das System funktioniert, muß die Gegenkraft genauso groß sein wie die Fliehkraft. Auf den hier vorliegenden Lebenssachverhalt angewendet lautet die Rechnung wie folgt: Mein Motorrad wiegt 343 kg und ich selbst inklusive der Klamotten ca. 92 kg. Das bedeutet, insgesamt geht es um ca. 435 kg.
Um mal bei dem Beispiel mit dem Wassereimer an der Schnur zu bleiben: Der Wassereimer hat 435 l Inhalt, die Schnur entspricht der Länge des Kurvenradius', und die Drehgeschwindigkeit ist so hoch, daß eine Außengeschwindigkeit von 90 km/h entsteht. Überlegt Euch bitte selbst, wieviele starke Männer, die sich zusammen im Kreis drehen, dieses System am Laufen halten müssen, damit es funktioniert. Keine Ahnung, ob dazu zehn kräftige Männer ausreichen. :-)
Diese notwendige Kraft, die nun jeder vor Augen hat, müssen die Aufliegeflächen der beiden Reifen aufbringen. Schafft sie das, sagt man dazu "Kurvendurchfahrt". Fehlt ein Stück, geht die Fahrt in 90°-Schräglage weiter. Für alle nur nochmal zum Wegmerken: Die Fußrasten müssen laut der Bestimmungen zur EG-Typgenehmigung das erste Teil sein, das in einer Kurvenfahrt aufsetzt. Deshalb müssen die Fußrasten im übrigen auch beweglich (wegklappbar) angebracht sein. Denn alle weiteren Teile sind feststehend und hebeln einen aus. Das heißt nicht, daß nicht auch einmal ein anderes feststehendes Teil vorher aufsetzen kann (zum Beispiel der Hauptständer, wenn die Fuhre bei einer Welle einsackt). Aber hoffentlich passiert das dann nicht bei einer Maximalschräglage, sondern weit vorher. Dann wird nämlich der Reifen nicht soweit entlastet, daß die Haftung abreißt, sondern es fängt sich halt wieder. Merke: Das oben beschriebene System ist in den Randzonen äußerst fragil.
Bei mir war es wie gesagt so, daß zuerst die Fußrasten aufgesetzt haben und im Prinzip unmittelbar darauf der rechte Sturzbügel. Das hat in diesem Moment ausgereicht, um (mutmaßlich) den Vorderreifen auszuhebeln, alles weitere ist bekannt. Eine Bodenwelle oder sonstige Unregelmäßigkeit gibt es an dieser Stelle nicht.
3. Wie erging es mir dabei?
Ich drücke es mal so aus: Es ist nicht vergnügungssteuerpflichtig! Rutschen mit 90 km/h in Ledersachen über Asphalt ist unproblematisch. Aber danach kommen die Curbs bzw. die Rasengittersteine, und danach kommt Rasen. Seeeeehr unangenehm! Lange Rede, kurzer Sinn: Mein Kumpel hat mich zurück nach Berlin gefahren. Dort bin ich zu meiner Hausärztin gegangen, die hat mich sofort ins Krankenhaus geschickt. Und die Leute dort waren ziemlich irritiert, von wegen, wo der Rettungswagen ist. Man sprach von einem Hochrasanztrauma, hat mich zwei Tage lang stationär aufgenommen, um eine innere Organverletzung auszuschließen. Letztlich blieb nichts übrig. Am rechten Knie hatte ich ein dickes Hämatom, sonst war nichts weiter. Am Tag nach der Krankenhausentlassung war ich wieder auf der Arbeit. Dasselbe Ding auf der Landstraße wäre mit Sicherheit mein Ende gewesen.