Mein Gott, jeder von uns kennt das doch.
So ein Tag, wo du morgens aufwachst und schon genau weist, dass dieser Tag definitiv nicht Dir gehört. Der Regen prasselt an das Fenster. Du bist müde, hast nen dicken Kopp, Ärger zu Hause, hast wahrlich keine schönen Sachen vor, beispielsweise Verwandtenbesuch mit Passat oder gar Marktsonntag und Du musst Bleistifte verkaufen. Außerdem ist der 24. und Du hast noch nicht mal einen Schimmer, was Du Deinen Lieben zu Weihnachten schenken sollst. Kurzum, ein saublöder Tag kündigt sich an.
Gut, dass es bei mir gestern so nicht war.
Bei mir war es gestern ganz anders. Klar war der 24., aber es ist Februar, der Wetterbericht kündigt Temperaturen bis 20 Grad an und ich hab Zeit.
Dem Aufruf zur sonntäglichen Ausfahrt im besten Forum aller schließen sich acht wackere Gesellen, genauer 6 plus 2 Sozias an und treffen sich auf einem der schönsten Aussichtsberge Bayern, um im Februar richtig gut Motorrad zu fahren. OK, ich bin auch im Dezember gefahren, natürlich auch im Januar und vor zwei Wochen waren meine Französin und ich auch unterwegs. Es war auch ganz toll. Klar, ist ja auch total super bei ca 0 Grad Motorrad zu fahren. Ein erhabenes Gefühl, so alleine vor sich herzurollen, hat so etwas martialisches, so was von Pionier und Härte. Toll, so ein MPP bei Minus 2 Grad, dieser Grip :-O
Heizgriffe sind klasse, aber das Gesicht, da spürt man die Kälte noch! Auch toll, wenn man einer Stunde Fahrt knapp zwei Stunden putzen muss, um das Salzzeug wieder abzubekommen. Die Kommentare und Anregungen der Gattin zum Motorradfahren im Winter, helfen, die Besonderheit dieses Tuns zu erkennen.
Heute ist auch Winter – 24.2. ist eindeutig Winter – aber irgendwie anders. Ein blöder Tag für Liftbetreiber, kleine Suzuki Jeeps mit großem Schneeräumer stehen verloren an Tankstellen, der Absatz von Schneefräsen ist seit Wochen im Keller, nicht aber meine Laune.
Bei strahlendem Sonnenschein schiebe ich meine selten schöne KS aus der Garage, fahre zur nächsten Tankstelle, tanke das gute Super Plus ( um Fragen vorweg zu kommen ) und genieße diesen wunderschönen Frühjahrmorgen mitten im Winter. Dennoch bin ich so fair, alle die zu bedauern, die heute nicht fahren dürfen/können/wollen, so zum Beispiel Raifi und Helmut.
In Höhenrain nehme ich Matthias, aka Gorash samt Partnerin Vroni ins Schlepptau, nicht ohne erwähnt zu lassen, dass dies wieder ein wunderbares Beispiel meiner Toleranz und Fairness ist, weniger, dass die beiden aus Pfaffenhofen sind, dagegen ist ja grundsätzlich nichts einzuwenden, schließlich stammt ein Großteil des Hopfens aus der Gegend, nein, die beiden fahren weiterhin unverfroren mit ihrer Hornet – ich denke es ist eine – vor.
Vorbei an der Südspitze des Starnberger Sees, geht es über Weilheim und Peissenberg auf den Hohen Peissenberg, knapp 1000 meter über NN. Hier wird wieder einmal deutlich, wie schwer wir es haben, die, die aus Bayern stammen oder zumindest hier leben.
Während – nehmen wir beispielsweise mal den Münsterländer – der Münsterländer bei seiner Fahrt mit dem Motorrad im Münsterland sich voll auf die Strecke konzentrieren kann, die normalerweise auch noch sinnvoller weise geradeaus geht, Kreisverkehr und Autobahnaus- und -auffahrten mal abgesehen , müssen wir uns auf dem eben erwähnten Hohen Peissenberg mit einem Blick herumschlagen, der schon ziemlich nervt. Statt einer ordentlich geraden und überschaubaren Landschaft, stehen wir oben und sehen auf Berge, soweit das Auge reicht. Schneebedeckte Berge vor strahlend blauem Himmel vor einer gleißenden Sonne. Ich frage Euch, wer will denn so etwas sehen? Sind das Bedingungen um ordentlich Motorrad zu fahren?
Diese Frage stellen sich neben dem bereist erwähnten Pärchen auf Paf und mir, Klaus formerly known as Altrocker, Erich alias Erhu, den Peissenbergern Einheimischen Hohe/Reinhard mit unerschrockner Gattin Hanni und last but not least der Bruno, der eigentlich Rainer heisst und der eigentlich gar nicht mit einem Motorrad da war, sondern einer SuMo, einer kleinen SuMo, einer kleiner Italienerin mit , ich glaube, 27 PS. Das Raifi und Helmut nicht dabei waren, hatte ich das schon erwähnt. Ich glaube.
Ach ja, um die schlechten Bedingungen zu dokumentiere, insbesondere für diejenigen, die nicht fahren konnten und durften, hielt ich die Szene mit meiner bewährten Canon Ixus fest. Hierauf kommen wir später.
Auf gings gen Allgäu, gen Nesselwang, gen Oberjoch – dem höchst gelegenen deutschen Skiort mit 1200 Meter runter über die kurvenreiche Jochstraße nach Hindelang und weil’s so schön war wieder zurück.
Nett so eine kleine SuMo im Kurvengeschlängel!
Ach ja, noch ein Nachteil, total blöde viele Kurven, nicht so schöne gerade Stücke wie zwischen Soest und Salzkotten. Unglaublich, wie viel Zeit man da verplempert.
Während wir über die meist freien Alpenstraßen donnern, wandert der Blick nach rechts und links, wo links mutige und bewundernswerte Skilangläufer der Klimakatastrophe trotzen und auf einem schmalen – tja welche Farbe – beige, braun gelben Streifen zwischen matschigen Wiesen ihre Skating Skier vor und zurück bewegen und wer genau hinsieht, kann den kleinen Wasserbug vor den Skispitzen erkennen, den sie vor sich herschieben.
Rechts wedeln bunte Ski und Snowboard Fans die versulzte Piste herunter, wenn man das so noch nennen darf.
In Österreich am Haldensee kehren wir ein. Schwimmen geht nicht trotz passender Temperaturen, der See ist noch zugefroren. Pech!
Stattdessen kehren wir im Via Salina ein, sitzen auf der Sonnenterasse und sind der gnadenlosen Wintersonne ausgesetzt.Gut, dass meine Frau mir die Sonnencreme eingepacjt hat, die ich so vehement abgelehnt hatte.
Während der Münsterländer Biker jetzt im Drügen Pütt sitzt, äh steht – und einen schwarzen Kaffe trinkt und Pommes Bahnschranke zu sich nehmen darf, stelle ich fest, dass der gemeine bayrische Motorradfahrer zunehmend verweichlicht, ja verweiblicht. Was wird gegessen? Strudel -, Apfel und Topfen, mit und ohne Vanillesauce, mit Vanilleeis. Es wird sogar Salat gegessen, nicht als üble Beilage, nein als Hauptspeise, nicht von einer Frau, noch nicht mal von einer Frau genötigt! Unglaublich!
Und dann! Erinnert ihr Euch an meinen schönen HPE ESD? Total schön, total gut, ohne Fehl und Tadel, bis – j bis ein Herr Altrocker sich vor das Teil stellt und meint, dass das ja wohl der hässlichste ESD sei, den er kenne. Seitdem verlor, der zuvor tolle HPE alle 100 km einen db – killer.
Mittlerweile ist der gute HPE – weit weg vom Altrocker und seinem bösen Blick – in Österreich gelandet, nachdem er zwischenzeitlich bei der Deutschen Post verschollen war, aber das ist eine andere Geschichte. Hier geht es eigentlich um meine treue und zurverlässige Canon Ixus, die ja dokumentieren sollte, welch schwierige Rahmenbedingungen die Südfraktion
In Kauf nimmt, um ihrem Hobby, dem Motorradfahren zu frönen. Berge, die die Sicht versperren, gleissender Schnee vor blauem Himmel, der selbst Fahrer mit orangen Sonnenbrillen blendet, Kurven verschiedenster Radien statt gerader zweispuriger Landstraßen.
Und was macht der Herr Altrocker, beleidigt meine Ixus als Museumsstück, als „das es so etwas noch gibt“ und murmelt „2 Megapixel, hahaha“
Und dann. Tja, Fotos gibt es nicht. Jahrelang ohne Problem die schönsten Fotos. Damals, die Hochzeit der Queen, Adenauers Begräbnis……
Tja! Also hütet Euch zukünftig vor den negativen Strahlen des Altrockers.
Um halb vier ging es zurück, über Füssen. Kurz danach teilte sich die Gruppe, freute sich auf ein Wiedersehen am 5. März zum KSR Südtreffen, bekundete sich noch mal Anerkennung ob der gefahrenen Kilometer trotz der schweren Rahmenbedingungen, bedankte sich bei Hohe artig für die gute Führung, zollte Bruno Anerkennung ob der gefahrenen Geschwindigkeit mit seiner kleinen Italienerin, und stob von dannen hinein in den blutroten Abendhimmel, der über den wie mit einem Scherenschnitt gezeichneten Alpenspitzen hinaufzog und jeder dachte sich, im Vergleich zu heute kann der Tag morgen nur ein blöder Tag werden.